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Freiraum für die Entwicklung von innovativen Lehrformaten: PROKODIL zieht Zwischenfazit

Wie sieht die Zukunft der Hochschullehre aus? Wie lassen sich digitale Elemente gewinnbringend einflechten und wie kann hybrides Lernen gelingen? Und vor allem: Welche strukturellen Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, um Lehrinnovationen zu unterstützen? Um diese Fragen ging es in der Tagung „Die Zukunft der Hochschullehre mit ‚Critical Friends‘“, zu der das Zentrum für Lehre und Lernen (ZLL) im Rahmen des Programms Kooperationsgruppen Digitale Lehre (PROKODIL) am 15. Februar 2024 eingeladen hatte.

Die Idee zu PROKODIL entstand in der Corona-Zeit, als die Lehre gezwungenermaßen in den digitalen Raum verlegt werden musste. Man wollte die vielen guten Ideen, die spontan entstanden waren, aufgreifen und Lehrende dabei unterstützen, sie weiterzuentwickeln. Am Vorbild der „Faculty Learning Communities“, einem Konzept, welches an der Miami University seit 40 Jahren gelebt wird, entwickelte das ZLL gemeinsam mit den Fakultäten und der AG Digitalisierung und Lehre das Programm PROKODIL. Im August 2021 startete das von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre geförderte Projekt mit einer ursprünglichen Laufzeit bis April 2024, welche gerade bis Ende 2025 verlängert wurde.

Über zwei Semester trafen sich die 22 Teilnehmenden in vier Kooperationsgruppen alle zwei Wochen, um an ihren Lehrprojekten zu arbeiten, zu Workshops, Diskussionen, Peer-Präsentationen und Projekttagen. Flankiert wurde das Programm mit Entlastungsmitteln für die Teilnehmenden: Lehrdeputatsreduktion, Leistungszulagen, Sachkostenbudget oder SHK-/WHK-Stellen. Fester Bestandteil waren auch studentisches Feedback und Evaluationen. Am Ende werden die Ergebnisse als Open Educational Resources (OER) zur Verfügung gestellt. Koordiniert wurden die Gruppen von Kolleginnen im ZLL, die auch eine Begleitforschung erarbeiten, die als Handbuch im Open Access-Format erscheinen wird.

 prokodil-grafiken

Die Grafiken zeigen die Zusammensetzung der Kooperationsgruppen nach Fakultäten und Zentren sowie nach Statusgruppen.


Zwei zentrale Erkenntnisse des bisherigen Programmdurchlaufs sind die starke Relevanz des Austausches untereinander und die Notwendigkeit der Entlastungsmittel, um überhaupt freie Ressourcen für das Entwickeln von neuen und innovativen Lehrformaten zu haben. Der Kurs sei nur durch die Lehrdeputatsreduktion möglich geworden, sagten unter anderem die Sprachdozenten Peter Liebscher und Jeffrey Purchla, die im Rahmen von PROKODIL einen gemeinsamen Deutsch-Englisch-Sprachmittlungskurs erarbeitet haben. Sprachmittlung ist im Sprachunterricht noch eine Innovation, ebenso das bilinguale Co-Teaching und Co-Learning-Format. Dies alles haben Liebscher und Purchla in ihrem Kurs vereint. Anhand von Praxissituationen lernen die Studierenden nicht nur zu übersetzen, sondern auch interkulturelle Unterschiede zu beachten. Durch eine Kooperation mit der Universität Bristol konnten die Studierenden sich in eigenständigen Meetings mit den britischen Deutschlernenden austauschen. Auch KI-Tools wurden in den Kurs einbezogen – mit der Erkenntnis, dass ChatGPT die Sprachmittlung noch nicht beherrscht. Das Feedback der Studierenden zum Kurs war positiv: „Having fun with the language instead of going through a list of repetitive tasks“, hieß es in einer Rückmeldung.

Auch Dr. Amelie Kutter, die eine Lehrforschungs-Seminarreihe zu nachhaltiger Transformation in Brandenburg entwickelt hat, unterstützte die Einschätzung zur Lehrdeputatsreduktion. Solche innovativen Lehrformate seien mit einem hohen Koordinationsaufwand verbunden und strukturell voraussetzungsvoll – auch für Studierende, die diese Formate ebenso wenig gewohnt seien, so Kutter. Ihr Lehransatz war das „Challenge based learning“, also das kollaborative und praxisorientierte Lernen anhand von realen Herausforderungen. Mit ihren Studierenden unternahm sie Exkursionen zu Orten der Transformation in Brandenburg, etwa zu Tesla oder in die Lausitz. Positiv hoben die Studierenden in ihrem Feedback unter anderem hervor, durch die Kurse Selbstwirksamkeit erfahren zu haben.

Problematisch sei allerdings, dass die Deputatsreduktion schwierig mit der Landeslehrverordnung vereinbar sei, so die PROKODIL-Koordinatorinnen in ihrer Auswertung. Hier müssen politisch Lösungen gefunden werden. In der Diskussion wurde diesbezüglich auch auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrates für die brandenburgischen Universitäten verwiesen, in denen das Thema innovative Lehrformate auch aufgeworfen wird.

>> weitere Informationen und Dokumente zu PROKODIL

Text: Ulrike Polley
Fotos: Stefan Färber
Grafiken: ZLL