„Die Briefe sind jetzt angekommen“
„Das Nicht-angekommen-sein wollen wir mit dieser Ausstellung auflösen: Sie sind jetzt angekommen“, resümierte Lilo Nagengast, ehemalige Mitarbeiterin der Stasi-Unterlagen-Behörde (BStU). Am 18. Oktober wurde im Gräfin-Dönhoff-Gebäude die Ausstellung „‚Das klingende Sonntagsrätsel‘ und die Postkontrolle in der DDR“ mit einer Führung und Diskussion eröffnet.
Drei Postsäcke voll, 4.500 durch die Stasi abgefangene Briefe und Postkarten, fanden Bürgerrechtler der BStU-Außenstelle Dresden im Archiv – adressiert waren sie an die Radiosendung „Das klingende Sonntagsrätsel“, welche der Westberliner Sender RIAS seit 1965 ausstrahlte. Im Rahmen eines Seminars an der Humboldt Universität zu Berlin wurden sie von Studierenden gesichtet, analysiert, interpretiert und durch Interviews mit dem damaligen Moderator der Sendung sowie Hörerinnen und Hörern ergänzt.
Nun ist die Ausstellung an der Viadrina zu sehen: Eröffnet wurde sie am Dienstag, dem 18. Oktober, von Präsident Prof. Dr. Alexander Wöll, Dekan Prof. Dr. Jürgen Neyer, Prof. Dr. Konstanze Jungbluth, die die Ausstellung an die Viadrina geholt hatte, und dem Beigeordneten Jens-Marcel Ullrich, der den Frankfurter Oberbürgermeister vertrat. „Genau so stellen wir uns Kulturwissenschaften an der Viadrina vor: theoretisch, etwa durch die wissenschaftliche Untersuchung von Gesellschaft und Staat, und praktisch, wie in dieser Ausstellung“, freute sich Neyer. Und Wöll ergänzte: „Mögen viele unserer Studierenden diese Ausstellung betrachten, um ein Stück neuerer Geschichte aufzunehmen, das für sie gar nicht mehr vorstellbar ist, welches aber ihre Eltern noch als Gegenwart erlebt haben.“
Rund 60 Gäste aus Universität und Stadt waren gekommen. Viele von ihnen kannten ihn bestimmt noch, den ehemaligen Moderator des „Klingenden Sonntagsrätsels“, Christian Bienert. Er erzählte von der großen Resonanz auf das Sonntagsrätsel: „Keine andere Sendung bekam so viele Zuschriften. Im März 1990 waren es 355.000 Briefe und Postkarten für eine Sendung, davon allein 330.000 aus der ehemaligen DDR.“ Dabei wurde meist nicht nur das Lösungswort verschickt: „Die Menschen erzählten uns ihre Lebensgeschichten, vor allem nach der Wende“, so Bienert weiter. (UP)
„‚Das klingende Sonntagsrätsel‘ und die Postkontrolle in der DDR“ ist noch bis Freitag, den 9. Dezember, in der Galerie 1. Etage im Gräfin-Dönhoff-Gebäude der Viadrina zu sehen und wird von zwei öffentlichen Vorträgen am 25. November und am 7. Dezember begleitet.