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Arbeitsmarkt für Alle oder prekäre Beschäftigung?

Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften und Medien diskutierten am 16. November im Rahmen der Abschlusstagung des interdisziplinären Forschungsprojektes „Koordination selbstständiger Unselbstständigkeit: Erwerbsarbeit jenseits der Organisation im Internetzeitalter“. Kontrovers wurde es bei der Frage, ob Crowdworking im Internetzeitalter als „gute Arbeit“ gelten kann.

„Viele Crowdworker müssen eine hohe Anzahl an Aufträgen annehmen, da die Jobs häufig schlecht bezahlt sind. Dies lässt keinen Raum für Kreativität“, machte Gunter Haake von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di eingangs deutlich. Ines Zimzinski vom Deutschen Crowdsourcing-Verband hielt dagegen, dass Crowdworking einen diskriminierungsfreien Zugang zum Arbeitsmarkt biete: „Wenn sie die Aufträge am heimischen PC erledigen, spielt es keine Rolle, ob sie eine Behinderung haben, Rentner oder alleinerziehende Mutter sind.“

Sebastian Strube, freier Journalist, u. a. für den Bayerischen Rundfunk und Süddeutsche.de, war selbst ein halbes Jahr als Crowdworker tätig und bilanzierte: „Der Zugang zu den Jobs ist zwar einfach, aber die Bezahlung fällt schlecht aus. Ich habe für eine Stunde Arbeit 2,30 Euro Lohn erhalten. Gleichzeitig musste ich sehen, dass die Bewertungen meiner Aufträge auf den Vermittlungsplattformen gut ausfielen, so dass ich weiterhin engagiert wurde.“ Hinsichtlich der Bezahlung betonte Zimzinski, dass ihr Verband einen Verhaltenskatalog für Plattformen, einen so genannten Code of Conduct, entwickle. Zugleich stünden deutsche Crowdworker im internationalen Wettbewerb und müssten auf ihre Preise achten.

Viadrina-Rechtswissenschaftlerin Prof. Dr. Eva Kocher, die das Gespräch moderierte, befragte die Debattierenden zu arbeitsrechtlichen Mindeststandards. Haake sprach sich für europaweite Regelungen für Crowdworker aus und Ralf Lemster, Vizepräsident vom Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer, plädierte für branchenspezifische Mindeststandards.

Das Podiumsgespräch bildete den Abschluss der Tagung „Unselbstständige Selbstständigkeit: Crowdworking zwischen Autonomie und Kontrolle“ an der Europa-Universität. Das Team eines interdisziplinären Forschungsprojektes an der Viadrina, zu dem Prof. Dr. Eva Kocher und Isabell Hensel (Rechtswissenschaften), Prof. Dr. Jochen Koch (Organisationstheorie) sowie Prof. Dr. Anna Schwarz und Dr. Daniel Schönefeld (Soziologie) zählen, präsentierte seine Ergebnisse aus zwei Jahren Forschung. Aus sozial- und organisationswissenschaftlicher Perspektive hatte die Forschungsgruppe untersucht, wie Crowdworkerinnen und -worker zwischen den Logiken des Marktes und der Hierarchie positioniert sind. Ihre These lautet, dass diese Beschäftigten zwar formal selbstständig sind, aber gleichzeitig vielfältigen Abhängigkeitsformen unterliegen, die ihre Handlungsautonomie reduzieren.

Das Forschungsprojekt wurde seit 2015 von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert. (LW)

Auf dem Foto (v.l.n.r.): Sebastian Strube, Ines Zimzinski, Prof. Dr. Eva Kocher, Ralf Lemster und Gunter Haake

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