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„Die heutigen Politiker brauchen Feinde (…) und die sowjetische Mentalität braucht einen Zaren“, so umschrieb der Autor die Denkweise, von der er gedacht hatte, sie gehöre der russischen Vergangenheit an. Eine Mentalität, die Kurkow durch die Figuren seines Romans greifbar macht: In „Die Welt des Herrn Bickford“ wandert der Hauptheld, der Matrose Charitonow, in der Nachkriegs-Sowjetunion durch die Taiga nach Leningrad mit einer endlos langen Bickford-Zündschnur in der Tasche. Auf seinem Weg trifft er Menschen, die glauben, von Feinden umgeben zu sein und besucht ein „Musiklag“ – ein Straflager für Musiker, die selbst Wärter und Gefangene sind. In einer namenlosen Stadt, in der nur Zwangsjacken hergestellt werden, begegnet er einer Frau und beginnt ein „normales Leben“ zu führen.
Aus diesen surrealen Abenteuern des Matrosen Charitonow las Kurkow vier Fragmente, jeweils ergänzt durch kurze Gespräche zur Entstehung und Bedeutung des Buches und zur aktuellen politischen Lage in Russland mit Viadrina-Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Annette Werberger und Viadrina-Politikwissenschaftlerin Dr. Susann Worschech. Das auf den ersten Blick absurde und humorvolle Buch gebe dem Leser bei genauerem Hinsehen einen tiefen Einblick in die russische Gesellschaft – eine Gesellschaft, die stolz auf ihren Zusammenhalt ist und ihr Land verteidigen will, ohne aber genau zu wissen, wer der Feind ist – so der Tenor der Diskussion.
Die Lesung fand anlässlich der Semestereröffnung des Masters European Studies als Teil der Reihe „Zeitgenössische ukrainische Literatur“ statt.
Zur Person:
Andrej Kurkow wurde 1961 in St. Petersburg geboren und lebt seit seiner Kindheit in Kiew. Er studierte Fremdsprachen, war Zeitungsredakteur und Kameramann. Seit 1996 ist er Schriftsteller und arbeitet auch für Radio und Fernsehen. Andrej Kurkow veröffentlichte Romane, darunter seinen Bestseller „Picknick auf Eis“ über einen Schriftsteller und die Kiewer Unterwelt, und Sachbücher, wie „Das Ukrainische Tagebuch: Aufzeichnungen aus dem Herzen des Protests“ über die Demonstrationen auf dem Maidan-Platz in Kiew. (AL/MG)
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