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„Ihr Wirken war beispiellos.“ – Viadrina erhält Chiellino-Bibliothek

Als einer der ersten Autoren gab er italienischen Gastarbeitern eine Sprache: der Dichter und Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Carmine Gino Chiellino. Am 10. Juli übergab er seine private Bibliothek an die Europa-Universität. In Anwesenheit des Autors wurde die Chiellino-Forschungsstelle eröffnet.

Prof. Dr. Dr. h. c. Walter Schmitz von der Technischen Universität Dresden hob in seinem Festvortrag die Bedeutung von Gino Chiellino – so der Autorenname – für die interkulturelle Literatur in Deutschland hervor: „Gino Chiellino kam nicht als Gastarbeiter aus Italien nach Deutschland. Als junger Intellektueller war er in der Lage, den Gastarbeitern eine Sprache zu geben zum Leben in der Fremde, zu den häufig widrigen Arbeitsbedingungen und zum gemeinsamen Leben mit den Deutschen, das ihnen vorenthalten blieb.“ Neben Chiellinos dichterischem Werk betonte Schmitz auch dessen akademische Leistung: „Es war kein einfacher akademischer Weg. Es ist Chiellinos Verdienst, die Verhältnisse der Migration in der Literatur untersucht zu haben.“

Fotos: Heide Fest

Viadrina-Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Kerstin Schoor würdigte ebenfalls den Autor während des Festaktes zur Eröffnung der Forschungsstelle. „Sie haben selbst an der Etablierung interkultureller Literatur in Deutschland mitgewirkt. Ihr Wirken war beispiellos“, so Schoor. „Ihre Bibliothek hat ihren Weg zu uns gefunden. Die rund 1.000 Bände Primär- und Sekundärliteratur befinden sich in einem Raum im Postgebäude, wo wir drei Arbeitsplätze eingerichtet haben“, so die Literaturwissenschaftlerin weiter, die die Axel-Springer-Stiftungsprofessur für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration innehat, an der die Forschungsstelle angesiedelt ist. Schoor dankte den Spenderinnen und Spendern Viadrina-Emeritus Prof. Dr. Alexander von Brünneck, Dr. Sylvia Döscher, Klaus Eberhard Engel, Georg Kirschniok-Schmidt, Jutta Metzler, Ute Netzel und der Kulturwissenschaftlichen Fakultät für ihre großzügige finanzielle Unterstützung.

Zuvor hatte Chiellino während der Vertragsunterzeichnung zur Übergabe seines Vorlasses an die Viadrina erklärt: „Die Arbeit, die ich gemacht habe, bekommt heute Bedeutung. Ich war beeindruckt von der Begeisterung der hiesigen Studierenden für Literatur. Daher habe ich Mut gefasst und gefragt, ob an der Europa-Universität ein Platz für mein Archiv und meine Bibliothek sein könnte, und mich sehr über die positive Entscheidung gefreut.“

Der Vorlass des Autors umfasst neben Primär- und Sekundärliteratur auch einzigartige Archivmaterialien, wie Manuskripte und Korrespondenzen von und mit Autorinnen und Autoren. Zahlreiche Bände, u. a. von Artur Becker, Wladimir Kaminer, Emine Sevgi Özdamar, Milan Kundera, Don DeLillo, Vladimir Nabokov und Salman Rushdie liegen in Erstausgaben vor und werden ergänzt durch seltene, heute nur noch schwer ausfindig zu machende Anthologien und Zeitschriften.

Die Chiellino-Bibliothek, die als Präsenzbibliothek im Postgebäude in Raum 214 eingerichtet wurde, ist das Herzstück der „Chiellino-Forschungsstelle für Literatur und Migration“. Die Forschungsstelle wird Forschungs- und Qualifizierungsarbeiten im Bereich der interkulturellen Literatur betreuen, wissenschaftliche Veranstaltungen durchführen und zugleich Lesungen im öffentlichen Raum initiieren. (LW)

Die Chiellino-Forschungsstelle ist weiterhin auf Spenden angewiesen. Bei Interesse wenden Sie sich gern an die Axel Springer-Stiftungsprofessur für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration

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