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Wer hätte gedacht, dass die Industriestadt Mariupol am Asowschen Meer mal zu einem kleinen Kulturzentrum werden könnte? Dr. Susann Worschech, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Masterstudiengang Europa-Studien, sicherlich nicht. „Das hat mich überrascht“, sagt sie. Sie hat Expertinnen und Experten interviewt, Dokumente ausgewertet und Organisationen analysiert, um herauszufinden, wie sich seit der Revolution in der Ukraine deutsch-ukrainische Kooperationen im Bereich der Wissenschaft und Kultur entwickelt haben. Die Studie ist vom Institut für Auslandsbeziehungen in Auftrag gegeben worden. Bereits 2001 und 2008 wurden zwei Arbeiten dazu verfasst.
Vier wesentliche Punkte hat Susann Worschech, die seit langem Transformationsprozesse in Osteuropa erforscht und über externe Demokratieförderung in der Ukraine ihre Doktorarbeit schrieb, herausgefiltert. Kulturpolitisch sei die Ukraine vor dem Euromaidan zentralistisch geprägt gewesen. „Die meisten Kulturzentren befanden sich in Kiew und Odessa.“ Seit den Ereignissen von 2014 ist eine gegenläufige Entwicklung zu beobachten. „Heute finden sich auch Kulturinitiativen in dezentralen Orten“, etwa in Mariupol, berichtet Susann Worschech. Zudem sei innerhalb des Landes die Aufmerksamkeit für die Ostukraine gewachsen. „Dieser Teil des Landes versteckt sich jetzt weniger“, sagt die Sozialwissenschaftlerin. Während die Kunstszene dort vorher kritisch betrachtet wurde, haben sich nach dem Euromaidan mehr kulturelle Initiativen entwickelt, die mit einer neuen Perspektive auf Themen wie Krieg und Vertreibung blicken. Auch zeige sich in der Kultur mehr Offenheit gegenüber dem sowjetischen Erbe oder sensiblen Themen, wie den LGBT-Rechten. Schließlich liege die künstlerische Energie nach dem Euromaidan stärker bei freien Initiativen, die vermehrt von deutschen Kulturmittlern, etwa dem Goethe Institut, für eine Zusammenarbeit aufgesucht werden.
Auf wissenschaftlicher Ebene sieht Susann Worschech Nachholbedarf bei den Kooperationen. Immer noch gebe es in Deutschland wenige universitäre Einrichtungen, die Ukrainisch als feste Fremdsprache anbieten oder Doktoranden im Feld der Ukraine-Studien ausbilden. Ein Bereich, in dem die USA und Kanada mehr Angebote nachweisen können, so die Sozialwissenschaftlerin.
Den institutionellen Dialog auf Augenhöhe sieht Susann Worschech kritisch. Der kulturelle Austausch finde eher auf zivilgesellschaftlicher Ebene statt – etwa durch Vereine, Schulen oder Studierenden-Austausch. „Dort sind die Aktivitäten auf ukrainischer Seite meist stärker.“
Wie die wissenschaftliche Studie nun in den politischen Gestaltungsprozess eingebunden werden kann, liege bei den politischen Akteuren. Sie biete Ausgangspunkte für weitere wissenschaftliche Arbeiten zu transdisziplinärer Kulturarbeit. Ihre Erkenntnisse will Susann Worschech weiter internationalen Wissenschaftsjournals und Konferenzen zur Verfügung stellen. (KH)
Die Studie steht zum Download bereit.
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