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Frau Prykowska-Michalak, Sie sind nicht nur Theaterwissenschaftlerin, sondern auch passionierte Theater-Liebhaberin. Wie geht es Ihnen nach über einem Jahr ohne echte Bühnen-Erlebnisse?
Ich vermisse es, ins Theater zu gehen, vor allem die echten Begegnungen. Normalerweise verpasse ich kaum eine Premiere und treffe dort meine Bekannten. Zum Welttheatertag trifft man sich in meiner Heimatstadt Łódź am Denkmal des Theaterregisseurs Leon Schiller; in den Theatern werden die Schauspielerinnen und Schauspieler für ihre Arbeit geehrt. Dieses Jahr werden meine Studierenden wohl eine Online-Performance machen.
Auf dem heimischen Bildschirm konnte man sich in den vergangenen zwölf Monate so manche Theater-Inszenierung anschauen. Wie empfinden Sie dieses Theater auf dem Bildschirm?
Es macht mir keinen Spaß. Die meisten Stücke sind mir zu lang und vor allem fehlt die Begegnung. Der Raum zwischen dem Publikum und der Bühne ist wichtig für das Theater; beim Streaming gibt es keine Interpretation, kein Zwischen-den-Zeilen-Lesen. Das ist aber gerade für das politische Theater entscheidend. In meinem Seminar über Theatersysteme haben wir aber entdeckt, dass vor allem kleinere Theater in Deutschland einige neue Formate für sich gefunden haben, die auch in Pandemiezeiten in Präsenz funktionieren.
Wie gelingt ihnen das?
Die Studentin Klara Wiedemann hat einige Beispiele gefunden. Es gibt ein Ensemble, das im Parkhaus auftritt. Die Zuschauerinnen und Zuschauer sitzen im Auto, die Schauspielerinnen und Schauspieler spielen dazwischen. Das Theater Oberhausen hat die Prinzessinnendramen als Audio-Einspielung gezeigt. Das Publikum begab sich mit einer App auf eine Route durch die Stadt und verfolgte die Geschichte. All das macht Hoffnung auf ein lebendiges Theater trotz Corona. Ich war sehr froh, dass meine Studierenden in unseren Diskussionen so viel Interesse für das heutige Theater gezeigt haben.
Wird die aktuelle Krise des Theaters die Szene langfristig verändern?
Das Staatstheater mit roten Samtsesseln im großen Zuschauerraum war auch vorher schon in der Krise. Ein junges, diverses Publikum empfindet diese bürgerlichen Formen als veraltet. Immer weniger Menschen sind schon vor Corona in diese Theater gegangen, gleichzeitig kosten sie immer mehr. Die Pandemie vertieft nur die Krise.
Welchen Weg gibt es da hinaus?
Es gibt in diesen Tagen die Hoffnung, dass sich Theater mehr auf ihre Aufgabe besinnen, mit der Gesellschaft verbunden zu sein. Man kann nicht nur die Kunst in den Mittelpunkt stellen. Dafür müssen sich die Formate ändern. Kleinere Off-Theater machen das unter anderem mit ihrem Ansatz des site specific theatre, also dem Theater abseits der klassischen Bühne, vor.
Werden wir lauter Pandemie-Stücke sehen, wenn die Theater wieder öffnen?
Interessanterweise gab es nach den Anschlägen vom 11. September kaum ernstzunehmende Stücke, die den Terror thematisiert hätten. Das gleiche gilt für die Zeit nach dem Kriegszustand in Polen 1981. Die Schubladen von meisten Autorinnen und Autoren waren leer. Wahrscheinlich möchte man nach der Pandemie nicht auch noch im Theater an diese schwierige Zeit erinnert werden.
Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Theater wieder öffnen?
Das ist dieser eine Moment, wenn es dunkel ist, aber nicht finster und der Vorhang aufgeht. Dann stockt allen im Publikum für einen Moment der Atem und ich warte auf das, was ich noch nicht kenne. Auch wenn die Aufführung vielleicht nicht interessant wird – dieser Moment ist nie langweilig.
(FA)
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