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Für Haris Parcic bedeutet die Pandemie – Schulden machen: „Meine Hauptfinanzierungsquellen sind Erspartes und die Unterstützung von Freunden und Familie.“ Er studiert International Business Administration mit dem Schwerpunkt Management & Marketing an der Viadrina und steht stellvertretend für viele Studierende, die ihre Pläne und Wünsche für ihr Studium und ihr Leben der Corona-Pandemie anpassen mussten.
Eigentlich wollte Parcic im Jahr 2020 zwei Semester in Istanbul und in Singapur verbringen. Sein Vorhaben hatte er lange geplant. Ein Jahr vor dem Start ins Ausland begann er Geld anzusparen. „Ich bin auf einen Nebenjob angewiesen, da mein Bafög, etwa 250 Euro im Monat, zum Leben nicht ausreicht.“ Den Job hatte er gekündigt, um nach Istanbul aufzubrechen – doch dann kam der Lockdown. Rückreise im März 2020 nach Deutschland, eine weiterhin zu bezahlende Mietwohnung in der türkischen Hauptstadt und die Ungewissheit, ob überhaupt ein Aufenthalt im Ausland möglich sein wird – all das musste erst einmal verdaut werden. „Überwältigt von der Situation verfiel ich erst einmal in eine Art Schockstarre“, berichtet der Student. Abgesehen von der emotionalen Achterbahnfahrt war auch seine finanzielle Situation schwierig.
Aus der Traum: Eigentlich wollte Haris Parcic in Istanbul studieren, doch plötzlich musste er sein Auslandssemester aufgrund der Corona-Pandemie abbrechen. Foto: privat
„Gerade im letzten Jahr ist deutlich geworden, was für eine vulnerable Gruppe Studierende sind“, bestätigt Svea Kühl, Vorsitzende des Allgemeinen Studentischen Ausschusses (AStA) an der Viadrina. Die Nothilfe-Anträge beim Bund seien nur möglich, wenn sich die Notlage durch die Pandemie ergeben hat. Die finanziellen Probleme von Studierenden gab es meist aber schon vor dem Lockdown, weshalb viele Anträge abgelehnt wurden. „Bezüglich finanzieller Hilfe bekommen wir viele Anfragen zum Semesterticketzuschuss“, so Kühl. Immerhin, so Svea Kühl, konnte eine vom VBB geplante Erhöhung des Semestertickets mithilfe der Brandenburger Landesregierung abgewendet werden.
Auch das Studentenwerk Frankfurt (Oder) verzeichnet ein erhöhtes Antrags-Aufkommen. „Im Bereich der Europa-Universität Viadrina wurden bis einschließlich Februar diesen Jahres 1.572 Anträge auf Überbrückungshilfe bearbeitet und 464.400 Euro ausgezahlt“, berichtet Andreas Gaber. „Der durchschnittliche Auszahlungsbetrag lag bei 458,44 Euro.“ Im Unterschied zur Überbrückungshilfe vom Bund, die nicht zurückgezahlt werden muss, sind das Härtefalldarlehen des Studentenwerkes oder die Kreditangebote der KfW rückzahlungspflichtig. Für Wohnungen in den Anlagen des Studentenwerkes werden Mietstundungen angeboten. Außerdem hat sich durch die Verlängerung der Regelstudienzeit um bis zu zwei Semester der Anspruch auf BAföG verlängert.
Kurzfristig helfen konnte die Stipendienstelle der Viadrina mit dem aus privaten Spenden eingerichteten Notfall-Fonds. 40 Studierende erhielten darüber jeweils rund 500 Euro. Im März 2021 hat die Präsidentin der Viadrina einen Aufruf zur Spende in den Notfall-Fonds gestartet. Aus den Mitteln des Fonds können finanziell notleidende Studierende, die sich etwa die Kosten für Corona-Schnelltests bei Grenzübertritt nicht leisten können, unterstützt werden.
Haris Parcic hatte sich zu Beginn der Pandemie um BAföG bemüht. „Doch aufgrund des Chaos und des Ansturms von Neuanträgen hat sich die Bewilligung bis Juli 2020 hingezogen“, schreibt er. Leben auf Pump und vom Sparkonto – an kaum jemandem geht so etwas spurlos vorüber. Hinzu kommt die persönliche Abschottung. „Oft fühle ich mich isoliert“, fasst es Parcic zusammen. Der Austausch und die Begegnungen fehlten ihm.
Andreas Gaber empfiehlt Studierenden, sich telefonisch oder per E-Mail an die Servicepoints des Studentenwerkes zu wenden. „Keine Situation ist so aussichtslos, als dass es keine Lösung geben könnte“, so Gaber. Es stehe auch psychologische Hilfe bereit, bei Bedarf auch kurzfristig. Svea Kühl betont: „Unsere Universität hat eine psychologische Beratungsstelle, die ein großes Angebot an Beratung und Workshops anbietet. An diese kann sich jederzeit gewandt werden.“ Dort kann Psychologin Marianne Tatschner zwar keinen sprunghaften Anstieg der Fälle feststellen, doch etwas anderes ist ihr aufgefallen: „Es ist eher so, dass bereits bestehende Schwierigkeiten sich tendenziell verstärkt und zugespitzt haben, zum Beispiel Angstsymptome oder depressive Verstimmungen.“
Etwas Positives kann Student Haris Parcic dann doch noch der Situation abgewinnen. Durch das große Online-Angebot an Kursen habe sich „eine unglaubliche Flexibilität und Effektivität im Voranbringen des Studiums“ ergeben. Das bestätigt auch Marianne Tatschner: „Es gibt Studierende, die die Online-Situation als entlastend erleben und denen es damit besser geht als vorher“, schreibt sie – und bilanziert: „Ein gemischtes Bild also.“ (HST)
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