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10. Todestag von Osama bin Laden – Viadrina-Forschung mit Fokus auf bewaffnete Konflikte

Am Sonntag, den 2. Mai 2021, jährt sich zum zehnten Mal der Todestag des Terroristen und al-Qaida-Chefs Osama bin Laden. Die gezielte Tötung durch eine Navy Seals-Spezialeinheit des US-Militärs in Pakistan stieß weltweit auf gemischte Resonanz – besonders in Politik und Wissenschaft. Auch an der Juristischen Fakultät der Viadrina befassen sich Völkerrechtsforschende mit dem Fall. Für Prof. Dr. Wolff Heintschel von Heinegg ist er sogar eines seiner Schwerpunktthemen.

„Die Mehrheitsmeinung geht dahin, dass es sich bei der Tötung von Osama bin Laden um eine sogenannte außergerichtliche Tötung gehandelt habe, die rechtswidrig gewesen sei. Hinzu kommt noch die Verletzung der territorialen Souveränität Pakistans, weil die Tötung auf pakistanischem Boden erfolgte, ohne dass Pakistan dem zugestimmt habe“, erklärt Wolff Heintschel von Heinegg (Inhaber der Professur für Öffentliches Recht, insbesondere Völkerrecht, Europarecht und ausländisches Verfassungsrecht). Man könne dies aber auch anders sehen. So sei bin Laden Mitglied einer nicht-staatlichen organisierten bewaffneten Gruppe gewesen, die sich in einem bewaffneten Konflikt mit den USA befand. „Und in diesem Konflikt sind die Mitglieder dieser Gruppe rechtmäßige militärische Ziele“, so Heintschel von Heinegg. Für diese juristische Einschätzung, die er auch öffentlich vertrete, sei er hin und wieder scharf angegangen worden – bis hin zu Droh-E-Mails. Seine Reaktion ist gelassen: „Das macht mir nichts aus, das ist nicht mein Problem.“ Auch hinsichtlich der Frage zur Verletzung der territorialen Souveränität ist sich der Völkerrechts-Experte sicher, dass die Militäraktion legal war: „Pakistan wäre verpflichtet gewesen, die Aktivitäten von al-Qaida in Pakistan zu unterbinden.“ Dies sei nicht geschehen, weshalb die USA sich auch außerhalb ihrer Staatsgrenzen hätten selbst verteidigen können. „Ich sehe das als ausnahmsweise gerechtfertigt an“, erklärt er.

„Auch nach zehn Jahren kann die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Tötung nicht abschließend geklärt werden“, sagt Dr. Robert Frau, Völkerrechtler und Privatdozent an der Viadrina. Im Grunde mache es aber auch keinen Unterschied, jedenfalls, wenn man sich die Konsequenzen vorstellt. „Es ist illusorisch, ein Gericht zu finden, das diesen Fall neutral verhandeln könnte“, sagt Robert Frau. Die Tötung von Osama bin Laden sei nicht so leicht vergleichbar mit anderen Fällen, da sie eine immense Symbolkraft besitze.

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Screenshot von der Internetseite des FBI, auf der Osama bin Laden am 3. Mai 2011 als „verstorben“ gekennzeichnet wurde.


Es ist die Quellenlage, die die Forschung im humanitären Völkerrecht, zu Menschenrechten und Kriegsrecht erschwert. Zuweilen sind es vertrauliche, geheime Berichte, an die Forschende gelangen müssen. Informationen aus Hintergrundgesprächen können nur eingeschränkt veröffentlicht werden. „Man sollte natürlich nicht alles glauben, was geschrieben steht oder gesagt wird – und auch mit vorschnellen rechtlichen Einordnungen sollte man vorsichtig sein“, erklärt Wolff Heintschel von Heinegg. Dies rate er auch seinen Studierenden. Wie man an der Begründung zur US-amerikanischen Invasion in den Irak im Jahr 2003 gesehen habe: Regierungen lügen, um ihre Ziele zu erreichen. „Bleiben Sie skeptisch“, mahnt Heintschel von Heinegg. Wie überall sei es auch in der Forschung wichtig, im Dialog zu bleiben. Ein internationales Netzwerk helfe dabei. Wolff Heintschel von Heinegg ist beispielsweise Präsident der „International Society for Military Law and the Law of War“, eine internationale, gemeinnützige Organisation, die sich mit der Analyse und Verbreitung des Wehrrechts und des humanitären Völkerrechts beschäftigt.

Dr. Robert Frau weist darauf hin, dass Rechtsfragen rund um das Völkerrecht zum Alltagsgeschäft der Mitarbeitenden und Studierenden an der Viadrina gehören; ein Schwerpunktthema ist dabei die Erforschung bewaffneter Konflikte. Hervorzuheben sei der Studiengang „Master of International Human Rights and Humanitarian Law“ – dieser sei ein wahres Aushängeschild. Wolff Heintschel von Heinegg verweist auf den interdisziplinären Studiengang „Wirtschaft und Recht“, der auch Wirtschafts-Völkerrecht und den Schutz von Kulturgütern thematisiert. „Man sieht also, ganz so blutig ist unser Geschäft an der Viadrina doch nicht“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

(HST)

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