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Von Impf-Diplomatie und Impf-Nationalismus – IFES-Diskussion über Ungleichheiten in der Pandemie

Impf-Politik bedeutet mehr, als die aktuell geführte Diskussion, ob Kinder jetzt, später oder gar nicht gegen Covid-19 immunisiert werden sollten. Das wurde am 26. Mai bei einer Lunch Lecture deutlich, zu der das Institut für Europa-Studien (IFES) eingeladen hatte. Der renommierte Impf-Forscher Prof. Dr. Stuart Blume und Dr. Caroline Meier zu Biesen gaben in der Diskussion mit dem Titel „Covid 19 Vaccination Politics: (In)equalities and the Role of Europe“ Einsichten weit über den nationalen Horizont hinaus.

Zehn Länder der Welt haben Zugang zu 75 Prozent aller Impfdosen weltweit. Allein diese zu Beginn der Veranstaltung von Viadrina-Politikwissenschaftlerin Dr. Anja Hennig verdeutlichte Relation zeigt, dass das vom IFES anberaumte Thema der Impfgerechtigkeit nicht nur einzelne Berufs- oder Altersgruppen in Deutschland betrifft.

Impfen_biesen_600 ©Screenshot: Frauke Adesiyan

Die Sozial- und Kulturanthropologin und Soziologin Dr. Caroline Meier zu Biesen (Global Health Lab Universität Leipzig) führte aus, dass sich die Hoffnung auf einen schnellen, weltweit verfügbaren Impfstoff zerschlagen habe. Obwohl schon einen Monat nach Ausbruch der Pandemie intensiv geforscht wurde, sei die Impf-Lücke aktuell groß. Ende Mai 2021 waren laut Medienberichten in afrikanischen Ländern 2,1 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft, in der EU sind es durchschnittlich 40 Prozent. Innerhalb einzelner Länder zeige sich eine große Ungleichheit in der Bevölkerung; so hätten beispielsweise Geflüchtete in Camps kaum Zugang zu Immunisierungen. „Es gibt einen Impf-Kampf und die meisten sind dabei auf der Verlierer-Seite“, bilanzierte Caroline Meier zu Biesen ernüchtert. Sie beobachte eine globale Gesundheits-Ideologie, die sich auf technische Innovationen konzentriere und dabei soziale Faktoren außer Acht lasse.

impfen_blume_600 ©Screenshot: Frauke Adesiyan

Schon vor einem Jahr hatte der Chemiker und Wissenschaftssoziologe Prof. Dr. Stuart Blume, (emeritierter Professor der Universität Amsterdam) gemeinsam mit einer Kollegin einen Artikel darüber veröffentlicht, dass ein Corona-Impfstoff nicht die Lösung aller Probleme sei. „Damals hatte man alle Hoffnung an eine Rückkehr zur Normalität an den Impfstoff geknüpft – es war das Licht am Ende des Tunnels“, erinnerte er die Teilnehmenden der Online-Konferenz. Er habe damals schon vor Ungleichheiten, intransparenten Deals und anderen Verwerfungen gewarnt: „Es tut mir sehr leid, aber wir hatten recht.“

Er beobachtet unter anderem, wie der Impfstoff zum politischen Instrument wird, etwa wenn Staaten sich unsolidarisch große Mengen sichern, oder wenn Herstellerländer mit der Verteilung der Dosen diplomatische Ziele verfolgen. Die politische Bedeutung trete nun problematisch neben die großen wirtschaftlichen Interessen, die mit der Entwicklung und dem Vertrieb des Impfstoffes verbunden seien. Die moralischen und die ökonomischen Dimensionen von Gesundheit – darin war man sich am Ende der Veranstaltung einig – werden in der aktuellen COVID-19-Pandemie und den Diskussionen über die Impfung dagegen überdeutlich.
(FA)


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