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Der Historiker Aliaksei Bratachkin forscht zu Erinnerung, öffentlicher Geschichte und Sozialgeschichte mit Fokus auf die Zeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Foto: Heide Fest
Aliaksei Bratachkin ist einer der Gastdozenten an der Viadrina, die nach Frankfurt (Oder) eingeladen wurden, um hier ein Semester lang zu unterrichten; Themenschwerpunkt: die politische Lage in seinem Heimatland Belarus. Es ist gar nicht so einfach, wie Aliaksei Bratachkin zu Beginn seines Online-Vortrages feststellt: „Ich habe keine kritische Distanz zu den Geschehnissen – und außerdem haben sie ja auch noch nicht geendet.“ Der Sommer 2020 in Belarus war geprägt von einem noch nie dagewesenen Wahlkampf, der Massen von Menschen an die Wahlurnen lockte. Die Wahl wurde jedoch laut unabhängigen Wahlbeobachtenden massiv manipuliert, sodass der autokratische Machthaber Aljaksandr Lukaschenka sich weiterhin als Präsident des Landes sieht. Die folgende Protestwelle wurde mit Gewalt niedergeschlagen; es gab Verhaftungen und Tote.
Aliaksei Bratachkin forscht eigentlich zu Erinnerung, öffentlicher Geschichte und Sozialgeschichte mit Fokus auf die Zeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. „Heute muss man natürlich auch darüber sprechen, wie das alltägliche Leben in Belarus und der politische Kontext miteinander verbunden sind – man kann sich dem nicht entziehen“, erklärt er nach dem Vortrag im Interview. In seinem Vortrag führt er aus, wie gesellschaftliche Bereiche und Berufsfelder während der Proteste politisiert wurden. Angesichts der Corona-Pandemie und der Polizeigewalt waren es plötzlich Ärztinnen und Ärzte, die sich an die Bevölkerung wandten. Einher gingen die zunehmende Digitalisierung sowie die Nutzung der Sozialen Medien als mobilisierende Werkzeuge.
Bratachkin macht deutlich, dass die staatlichen Eingriffe weiter zunehmen; nicht nur ins alltägliche, private Leben der Menschen, auch in die Wissenschaft. „Nach den Ereignissen des vergangenen Jahres waren viele Historiker gezwungen, offizielle Institutionen zu verlassen“, so Bratachkin. Einige seien nun arbeitslos, andere haben das Land verlassen. Es sei schwierig, als Geisteswissenschaftler zu arbeiten – besonders, wenn man sich mit sensiblen Themen beschäftigt. „Was meine persönliche Perspektive betrifft: Ich möchte wie immer auf das Beste hoffen. Aber es ist schwierig, optimistisch zu bleiben.“
Aliaksei Bratachkin war schon häufiger in Deutschland; das erste Mal 2009 zum 20. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer. Ein paar Monate habe er auch in Berlin gelebt. Bei den ersten Spaziergängen durch Frankfurt (Oder) entdeckte er Unerwartetes: „Es gibt Straßen, die nach sowjetischen Kosmonauten oder der belarussischen Stadt Witebsk benannt worden sind. Es gibt Stolpersteine unter den Füßen und eine Gedenktafel zur Synagoge im Zentrum der Stadt.“ Auch wenn Aliaksei Bratachkin mit Sorgen in die Zukunft blickt, ist er erst einmal froh, in Frankfurt zu sein. „Ich mag, wie gut Studierende und Uni-Mitarbeitende in der Stadt behandelt werden. Und außerdem halfen mir meine Kolleginnen und Kollegen und besonders Professor Timm Beichelt dabei, mich an der Universität einzuleben.“
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