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Der Viadrina-Preis gelte eigentlich Paweł Adamowicz, sagte Bremens Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte anlässlich der feierlichen Preisverleihung im Audimax. Immer wieder wurde an dem Abend an den Kommunalpolitiker erinnert, der im Januar 2019 bei einer öffentlichen Veranstaltung einem Attentat zum Opfer gefallen war und der zuvor äußerst enge Verbindungen nach Bremen gepflegt hatte. „Dieser Preis ist eine Auszeichnung für sein Wirken – ein Riese, auf dessen Schultern wir stehen“, sagte Bovenschulte in seiner Rede, die auch Piotr Adamowicz, der Bruder des einstigen Danziger Stadtpräsidenten, sichtlich bewegt aus der ersten Reihe verfolgte.
Zuvor hatte auch der frühere Botschafter Polens Dr. Marek Prawda in seiner Laudatio auf Adamowicz und sein Wirken in und für Danzig verwiesen. „Danzig kann sich selbstkritisch sehen und durch die Brille der Nachbarn schauen. Danzig hat das Gesicht von Paweł Adamowicz“, sagte Prawda. Adamowicz habe genau gewusst, wohin ein Wir-Gefühl führe, wenn es auf Ablehnung und Ausgrenzung des anderen beruhe. „Er verstand sehr gut, dass man auf dem nationalen Narzissmus kein kollektives Europa aufbauen kann.“
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Fotos: Heide Fest
Die auf gemeinsamen Werten beruhende europäische Gemeinschaft wurde von allen Rednerinnen und Rednern des Abends thematisiert – mitunter besorgt, aber auch geprägt von kämpferischem Optimismus. So sprach Danzigs Stadtpräsidentin Aleksandra Dulkiewicz von einem Europa als System kommunizierender Röhren. „Ein schlechter Standard der bürgerlichen Freiheiten in einem Staat beeinflusst die gesamte europäische Familie und gefährdet die europäischen Werte insgesamt. Deswegen sind wir alle verpflichtet, diese Werte solidarisch zu verteidigen“, so Dulkiewicz.
Städtepartnerschaften, so wurde im Laufe der Veranstaltung deutlich, kommt bei dieser Verpflichtung eine herausragende Bedeutung zu. Schon im Podiumsgespräch vor der eigentlichen Preisverleihung verwies Andreas Bovenschulte auf die besondere Verantwortung interkommunaler Beziehungen angesichts von Spannungen auf Regierungsebene. „Widerspenstige Städte nehmen sich raus, zueinander Kontakte aufzubauen, um damit den Primat des Nationalstaates in internationalen Beziehungen in Frage zu stellen“, umschrieb er die historisch gewachsene Idee von Städtepartnerschaften. So sei auch die Verbindung zwischen Danzig und Bremen zu deren Beginn in den 1970er-Jahren mit Argusaugen beobachtet worden. Viadrina-Sozialwissenschaftlerin Dr. Susann Worschech sprach von einer subversiven Kraft der Partnerschaften, wenn es gelinge im Rahmen zivilgesellschaftlicher Kooperationen Themen und Probleme progressiv zu bearbeiten, bei denen die staatlichen Regierungen nicht zueinander finden.
Allerdings – und auch das wurde bei allem Lob nicht verschwiegen – braucht es dafür Menschen, die die Partnerschaften mit konkreter Zusammenarbeit füllen. Eine nicht immer einfache Aufgabe, berichtete Viadrina-Mitarbeiter Mateusz Weis-Banaszczyk, der in Frankfurts Partnerstadt Heilbronn aufgewachsen ist. Für junge Menschen seien diese Partnerschaften oftmals nicht mehr interessant. Damit sie nicht zu „Veteranenclubs“ verkommen, so Prof. Dr. Gesine Schwan, müssen sie sich den Themen zuwenden, die für die jüngere Generation interessant seien – Klimaschutz, Menschenrechte, sexuelle Selbstbestimmung. Dass sie dabei bestimmte Spannungen aushalten können, davon zeigte sich Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke überzeugt, der von sich wandelnden und nicht immer einfachen Beziehungen Frankfurts beispielsweise zum belarussischen Witebsk und der US-amerikanischen Stadt Yuma berichtete.
Marek Prawda gab in seiner Laudatio zu bedenken, dass man für die jüngeren Generationen ein neues Narrativ schaffen müsse, da sie andere Probleme zu bewältigen haben: „Die jungen Polen und Deutschen werden die europäische Zusammenarbeit nicht daran messen, ob jeder ein Stück vom Kuchen abbekommt, sondern daran, ob sie mitbacken dürfen – vielleicht auch als aktives Mitglied einer Städtepartnerschaft.“
Ins Leben gerufen haben den Viadrina-Preis der ehemalige Rektor der Europa-Universität Viadrina, Prof. Dr. Hans N. Weiler, und Claus Detjen, von 1991 bis 1998 Herausgeber der Märkischen Oderzeitung. Claus Detjen hat durch die Gründung und großzügige Ausstattung der Viadrina-Preis-Stiftung den Preis langfristig abgesichert und ist als langjähriges Mitglied im Kuratorium des Förderkreises, das bis zu diesem Jahr über die Preisvergabe entschieden hat, auch entscheidender inhaltlicher Impulsgeber.
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